6.9.2021 Ukraine erreicht
Nun hat sich bestätigt, was wir ahnten: Die Via-toll-Box für die Autobahnmaut hat uns erst keiner geben wollen, und nun will sie auch keiner zurücknehmen. 52.- € haben wir einbezahlt und nun wird uns eine Strafe von 800.-€ fürs „Nichtabgeben“ angedroht. Die Reiseleitung wollte sie abgeben, das ging aber seit Neuestem nur noch persönlich und wir waren zu diesem Zeitpunkt schon in der Ukraine. Überhaupt erinnerte uns die Grenzabfertigung an DDR-Zeiten. 2 Stunden dauerte die Prozedur mit dem Öffnen aller Stauklappen und „Laufzettel-Schikanen“. Die Autobahnfahrt selbst war sehr entspannt. Alle paar Kilometer kam uns auf der bestens ausgebauten Strecke mal ein Auto entgegen und auch die Parkplätze jeweils mit Kaffeeautomat bestückt waren lotterleer. So was haben wir schon lange nicht mehr gesehen!
Jetzt sind wir also in der Ukraine. In Lemberg (Lwiw, L`viv, L`wow) haben wir einen Stellplatz an einer wegen Corona zur Zeit stillgelegten Pferderennbahn mit Ver- und Entsorgung. Man hat uns aber versichert, dass sich Wohnmobile und Caravans nicht anstecken können. Gegenüber liegen schöne Restaurants, das lässt sich gut an.
7.9.2 Lemberg
Urlaubsstress. Wieder einmal steht uns eine dreistündige Stadtführung bevor. Unsere nette junge Stadtführerin macht Hoffnung auf Kurzweiligkeit. Mit ihr vergeht die Zeit im Flug. Lemberg hat eine bewegte Geschichte, einst polnisch, dann 150 Jahre österreichisch, nach dem ersten Weltkrieg polnisch, nach dem zweiten Teil der Sowjetunion und seit 1990 endlich zweitgrößte Stadt des Staates Ukraine. Der österreichische Einfluss ist auch heute noch an vielen Gebäuden zu sehen. Dennoch spüren wir hier zum ersten Mal, dass wir im Osten angelangt sind. Viele zerfallene Bauten, uralte Straßenbahnen und neben vielen dicken Westlimusinen alte Ladas und furchteinflösende Ost LkWs. Der dichte Autoverkehr in der Innenstadt ist unerträglich, Gemütlichkeit kommt da nicht auf.
Am Abend genießen wir ein opulentes Mahl im unserem Stellplatz gegenüberliegenden Restaurant. Bis zum späten Abend kommt keine Langeweile auf und es betätigt sich erneut, dass wir wohl nicht zum Vergnügen unterwegs sind.
8.9.21 Iwano-Frankiwsk
Nach 130 km auf gut ausgebauter Landstraße erreichen wir die "Regional-Metropole" Iwano-Frankiwsk. Dort finden wir auf dem Parkplatz des Black Castle Hotels eine recht enge Übernachtungsmöglichkei aber alle passen kreuz und quer drauf. Es gibt Strom und kostenloses WLAN - passt!
Eine dieses Mal nur 1,5-stündige Stadtführung bringt uns diese unscheinbare an Österreich erinnernde Kleinstadt näher. Sie gehörte auch fast 200 Jahre zu Österreich, das ist unübersehbar. Aufgeräumt und sauber, so gar nicht ukrainisch.
Reiseeindrücke
Ab Lemberg fahren wir zunächst auf gut ausgebauten Landstraßen, teilweise dreispurig. Je weiter wir Richtung Südost fahren, umso schlechter werden die Straßen, bis sie in regelrechten Schlaglochpisten enden. Dafür werden die Städte und Dörfer, die wir durchfahren, immer interessanter. Es wird teils kitschig bunt und dazwischen stehen verlassene und zerfallene Häuser, dann aber auch mit geschmiedeten Metallzäunen gut gesicherte Villen, alles sehr divers. Was deutlich zunimmt ist offensichtlich die Religiosität. Jeder kleine Ort hat mehrere Kirchen, orthodox und katholisch, renoviert und geschmückt. Darüber hinaus hat jeder Schrebergärtner, der was auf sich hält, eine kleine Kapelle mit der Jungfrau Maria und goldenem Dach in seinem Garten stehen. Am Ende des Tages beziehen wir unser Quartier an einem kitschigen Märchenschloss.
Czernowitz
Czernowitz ist die traditionelle Hauptstadt der Region Bukowina mit ca. 260 000 Einwohnern. Die Stadt, nahe der rumänischen Grenze hat eine bewegte Geschichte. Polnische, rumänische und sowjetische Zeiten hat sie erlebt. Geprägt ist sie deutlich durch ihre 150-jährige Habsburger Zeit (1775-1918). Herrliche Prachtbauten, teils sogar gut erhalten oder frisch restauriert. Eine echte Perle ist die Universität. Der verspielt wirkende Backsteinkomplex liegt erhaben auf dem Bischofsberg nahe des Zentrums. Auch das Innere ist durchaus sehenswert. Da kann selbst eine Heidelberger Uni nicht dagegen anstinken. Alles wirkt edel und erhaben.
Negativ fallen lediglich die völlig kaputten Kopfsteinstraßen auf. Beim Befahren fällt einem fast das Gebiss aus dem Mund und im Wohnwagen die Tassen aus dem Schrank. In einem schicken Lokal essen wir nach der Führung zu Mittag und kehren dann erschöpft in unser Märchenhotel zurück.
Zukunft E-Mobilität
In Czernowitz hat die Zukunft bereits vor über 50 Jahren begonnen. So lange sind nämlich die E-Trollibusse bereits im Einsatz. Und so sehen sie auch aus. Der Rost hält die Karosserie zusammen und am Motor kann ja nichts kaputtgehen, denn sie haben ja keinen. Die E-Generatoren bestehen nur aus Magnet und Spule, die können leicht ausgetauscht werden. Mit der Oberleitung gibt’s anscheinend öfter Probleme. Aber der Fahrer hängt den Bügel dann einfach wieder ein. Warum gibt es diese Fahrzeuge bei uns nicht mehr?
11.09.2021 Moldawien erreicht
Heute haben wir unser eigentliches Ziel erreicht. Moldawien, mit gerade mal 2,6 Mio. Einwohnern einer der kleinsten Staaten Europas, den kaum jemand kennt. Der Empfang beim Grenzübertritt war leidlich freundlich. Wiederum, wie bei der Einreise in die Ukraine, komplizierte Kontrollen mit Spürhund und Laufzettel. Bei uns ging es einigermaßen flott aber ein Teilnehmer wurde pingelig kontrolliert und kam erst mit zweistündiger Verspätung am vereinbarten Zielort an. Unterwegs wurde er auch noch von der Polizei aufgehalten. Wer dachte, nach der Grenze geht es flott voran, der sah sich schnell getäuscht. Die Straßenverhältnisse ließen kaum Geschwindigkeiten über 50 km/h zu. Zum Teil musste man die staubigen Schlaglochpisten im Schritttempo passieren. Dafür belohnt man uns mit goldverzierten Kirchen insbesondere der Orthodoxen und jeder Menge Marien- und Jesus-Statuen. Auch die pompös verzierten Brunnen am Wegesrand lassen uns staunen. Wir sind gespannt, was uns in diesem Land noch so alles erwartet.
weiter geht es in Südosteuropa 3