Malerisches Moldawien
Dies ist der eigentliche Titel unserer Tour und so sind wir gespannt, wie malerisch dieses Land tatsächlich ist. Die ersten Eindrücke sind sehr zwiespältig. Einerseits fürchterliche Straßen, andererseits machen die unterschiedlichen Baustile und insbesondere die goldenen Kirchen auf uns Eindruck. Zwei Städte, Soroca und Balti eröffnen diese Städtetour im Schnelldurchlauf mit Spaziergängen am Abend und am Nachmittag. Dort übernachten wir auch jeweils auf einem Hotelparkplatz. Überall werden die Spuren der sozialistischen Zeit sichtbar. Einerseits heruntergekommene Plattenbauten und andererseits liebevoll gepflegte Anlagen und Denkmäler. Natürlich überstrahlen die Kirchen mit ihren vergoldeten Zwiebeln alles. Wir freuen uns darauf, morgen endlich die moldawische Hauptstadt Chisinau für einen mehrtägigen Aufenthalt zu erreichen.
Chisinau
Endlich in Chisinau! Über üble Landstraßen haben wir die moldawische Hauptstadt erreicht. Auf der Strecke haben wir einen Abstecher zum Kloster Raciula eingelegt. Es liegt abseits der Hauptstraße und so erreichen wir diese Stätte über kleine Nebenstraßen, auch ein besonderes Erlebnis. Hier muss man auch Pferdefuhrwerken ausweichen, man fühlt sich in die 50er Jahre zurückversetzt. Das Kloster liegt beschaulich in der Landschaft, Klosterfrauen putzen die Kirche und bearbeiten den gepflegten Klostergarten. Am späten Nachmittag erreichen wir die Metropole Chisinau. Im dichten Verkehr steuern wir unseren nächsten Hotelstellplatz an. Wir diskutieren vor Ort und freuen uns auf das morgige umfangreiche Programm.
Kloster Orheiul
In diesem heiligen Moldawien, wo an jeder Ecke eine Kirche oder mindestens ein Heiligenkreuz steht, ist ein Klosterbesuch quasi Pflicht. Das Kloster Orheiul ist allerdings etwas Besonderes: 38 km nordöstlich von Chisinau liegt das Kloster auf einer Anhöhe, die nur zu Fuß erreichbar ist. Wir steigen auf zu diesem Höhlenkloster, das nur von einem einzigen Mönch bewohnt wird. Er empfängt uns, um ein paar Souvenirs und Kerzen verkaufen zu können. Dann zieht er sich zurück und wartet auf die nächste Tourigruppe, die er beglücken kann – kein schlechtes Klosterleben.
Beim anschließenden Bummel durch das Dorf Orhei fallen die bunten Gartentore auf. In einer Schule erleben wir eine Folklore-Darbietung der Schülerinnen und werden mit einem köstlichen Mittagsessen für die Strapazen des Tages entlohnt. Die Busheimfahrt über eine gut ausgebaute Stadtautobahn lässt uns staunen – die EU hat das alles bereits bezahlt, obwohl Moldawien (noch) nicht Mitglied dieser reichen Union ist.
Traditionelle Gartentore
Enttäuschung Chisinau
Unsere Vorstellung von Chisinau, der Hauptstadt des Landes mit 700 000 Einwohnern war eine beschauliche Großstadt, die am Rande Europas mit Einfachheit glänzt. Wenn man weiß, dass das durchschnittliche Monatseinkommen bei 328.-€ weit unterhalb aller anderen Länder Europas liegt, sind die Erwartungen sehr gedämpft. Was wir aber hier vorgefunden haben, ist eine Metropole, die anderen europäischen Großstädten in nichts Negativem nachsteht. Die Stadt bricht im dichten Straßenverkehr in der Rush-Hour schier zusammen. Staus an jeder Ampel, dazwischen eilende Fußgängermassen. Schaut man sich die Fahrzeuge an, so kommt man kaum aus dem Staunen. Dicke SUVs und Sportwagen der bekannten europäischen und japanischen Marken, mehr als man auf deutschen Straßen findet, dazwischen Elektrobusse der neuesten Bauart. Man fragt sich nur, wie man das alles mit dem erwähnten Monatseinkommen finanzieren kann. Das bleibt wohl ein Rätsel. Von den guten Straßen in und um die Hauptstadt weiß man, dass sie von der EU finanziert sind.
Besondere Bauwerke sind in dieser Stadt kaum zu bestaunen. Ein Sammelsurium von Baustilen prägt die Ansicht. Gemütliche Ecken findet man hier nicht, Straßencafes Fehlanzeige. Aber da ist ja der Mc. Donalds, da gibt’s genug Cafe. Nein, nein, sehenswert ist diese Stadt nicht!
Wie schön, dass wir am Nachmittag eine Weinkellerei besichtigen dürfen. Der Bus bringt uns dazu aus der Stadt. Mit der Mini-Tram fahren wir in den Berg ein, um in 80 m Tiefe edle Weine in ihren Gewölben bestaunen zu dürfen. Eine Weinverkostung mit Imbiss stimmt uns wieder deutlich positiv.
Straßenverkehr in Chisinau
16.09.2021 Transnistrien, ein Staat, den es garnicht gibt
Transnistrien, in der Eigenbezeichnung Pridnestrowische Moldauische Republik, ist ein hauptsächlich östlich des Flusses Dnister gelegenes, stabilisiertes De-facto-Regime. Auf dem vollständig innerhalb der Grenzen der Republik Moldau gelegenen Gebiet leben rund eine halbe Million Menschen. Die Republik entstand zwischen 1990 und 1992 beim Zerfall der Sowjetunion im mittlerweile „eingefrorenen“ Transnistrien-Konflikt durch Sezession von der Republik Moldau. Sie ist seit 1990 faktisch von der Zentralregierung in Chișinău unabhängig und verfügt unter anderem über eine eigene Regierung, Währung, Verwaltung und Militär. Bislang erkennt allerdings kein anerkannter Staat und keine internationale Organisation das Gebiet als souveränen Staat an. Das Gebiet steht unter entscheidendem russischen Einfluss, so sind beispielsweise 1200 bis 1400 Soldaten der russischen Streitkräfte in Transnistrien stationiert.
So machen wir uns am Morgen mit dem Bus auf in diesen seltsamen Staat. Eine echte Grenze mit Passkontrolle muss überwunden werden. Mit Tagesstempel können wir passieren und besuchen die beiden Städte Bender und Triaspol. Beide machen auf uns einen positiven Eindruck. Der Verkehr hält sich in Grenzen und das Ambiente ist ein ganz anderes als in Chisinau. Hier fahren auch Kleinwagen, die Busse sind alt und man bekennt sich zu seiner Vergangenheit. Selbst Lenin steht im Zentrum noch auf seinem Sockel. Hier findet man auch schöne Parkanlagen und Straßencafes – ein echter Kontrast zu Chisinau. Ein üppiges Essen in einem modernen Hotel beschließt diesen Tag.
In Transnistrien haben wir uns getäuscht, aber hier im positiven Sinn. Es ist kein zurückgebliebenes Land. Es präsentiert sich durchaus modern. Dieses „Land“ ist auf jeden Fall sehenswert!
Besuch einer Kolchose in Copceac
Endlich verlassen wir den Moloch Chisinau. Es geht über Land nach Süden. Da sieht die Welt ganz anders aus. Man erkennt beim Durchfahren kleinerer Dörfer die Armut. Alles erscheint einfacher, nur die Kirchen stechen immer noch mit ihren goldenen Türmen hervor. Die Straßenverhältnisse sind gemischt. Mal ist die Straße neu gevögelt (so nennen wir Straßen, die mit Mannheimer Vögele-Maschinen asphaltiert sind), mal stürzt man spontan in tiefe Schlaglöcher, zum Schluss ist die Straße gar nur noch geschottert. In Copceac lassen wir uns vor einer Kolchose nieder, die noch als einzige ihrer Art die Wende in Moldawien überlebt hat. Man zeigt uns die ausgedehnten Weinberge und ein gemeinsames Abendessen beschließt den Tag.
19.09.2021 Abschied von Moldawien
Die Strecke nach Cahul könnte man eigentlich auf der linken Backe abspulen. Doch die Straßenzustände verlängern die Fahrzeit deutlich. In Cahul mal wieder eng auf einem Hotelparkplatz, das Zusammenrücken ist bereits Routine und so kommt man sich ja auch näher. Die Stadt ist recht nett, natürlich wieder Kirche und heilige Statuen an allen Ecken. Da tut eine sozialistische Frauengestalt mit Schaf so richtig gut. Hier verabschieden wir uns von Moldawien, morgen geht es nach Rumänien in unsere europäische Heimat. Vier Womos verabschieden sich von der Gruppe. Sie gehen von hier ihre eigenen Wege. Machts gut, es war schön euch kennengelernt zu haben.
Auch von unserer moldawischen Reiseleiterin Marina müssen wir Abschied nehmen. Sie hat uns durch ganz Moldawien begleitet und stets kompetent über Land, Leute und Historie informiert. Ihre nette Art hat uns alle begeistert.
Weiter gehts in Südosteuropa 4